09.07.2025, Startseite
Fachkräftemangel kostet Betreuungsplätze

Im Schulzentrum soll es sowohl an Realschule als auch an Gymnasium nicht mehr als sechs Züge geben.
Archivfoto: Stadt Walldorf
Kindergartenbedarfsplanung und Schulbericht im Gemeinderat
Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung die Kindergartenbedarfsplanung für 2025 einstimmig beschlossen und den Schulbericht zur Kenntnis genommen. Ebenfalls einhellig fiel die Entscheidung, die Sechszügigkeit an Realschule und Gymnasium als absolute Obergrenze festzulegen. Das war „vor dem Hintergrund der räumlichen Begrenztheit“, so der Erste Beigeordnete Otto Steinmann, zwar in der Vergangenheit immer wieder diskutiert worden, einen formellen Beschluss hatte es dazu aber nicht gegeben. Der folgte nun als klares Signal ans Schulamt, dass mit aktuell fast 2100 Schülerinnen und Schülern am Schulzentrum und den ohnehin notwendigen baulichen Erweiterungen nach der Wiedereinführung von G9 die Grenze erreicht ist.
Rein rechnerisch ist in der Betreuung der über dreijährigen Kinder alles im grünen Bereich. Für 624 Kinder, die zwischen dem 1. Juli 2018 und Juni 2022 geboren sind, stehen in neun Kindertagesstätten – Kommunaler Kindergarten, Haus der Kinder, Katholischer Kindergarten St. Peter, Katholischer Kindergarten St. Marien, Evangelischer Kindergarten, Waldkindergarten I und II, Kinderhaus Gewann Hof und KiTa Astorhaus – 638 Plätze zur Verfügung. In der Praxis sorgte vor allem der von Personalmangel verursachte Wegfall von Plätzen in St. Marien für Probleme: Zwar sei man durch das Überangebot in der Lage gewesen, den Ausfall „einigermaßen zu kompensieren“, so Steinmann. Allerdings habe der Fachkräftemangel in verschiedenen Einrichtungen dazu geführt, „dass wir im vergangenen Jahr und auch dieses Jahr an den Öffnungszeiten haben drehen müssen“. Erst 2026/27 soll sich laut dem Träger das Platzangebot in St. Marien wieder stabilisiert haben.
Noch kein Thema sei in Walldorf der sogenannte „Erprobungsparagraf“ gewesen, mit dem das Land den Trägern die Möglichkeit einräumt, etwa mit einer Unterschreitung des Mindestpersonalschlüssels oder einer Abweichung von der Höchstgruppenstärke Engpässe auszugleichen. Bislang sei es im Grundsatz gelungen, „die Versorgung auch ohne diese Möglichkeiten zu meistern“, sagte Steinmann. Spätestens wenn die Personalsituation deutliche Reduzierungen von Öffnungszeiten notwendig machen würde, müsse man aber über eine mögliche Anwendung zumindest nachdenken. „Dies wird einen Abwägungsprozess darstellen, in den wir die Politik natürlich mit einbinden werden“, erklärte der Erste Beigeordnete. Er sprach auch an, dass man mit der Besetzung von Assistenzstellen und der Fachberatung Gemeinderatsbeschlüsse umgesetzt habe, um vor allem die Leitungskräfte zu entlasten.
Was die unter dreijährigen Kinder angeht, bieten die sechs Einrichtungen Haus der Kinder, Krippe Zipfelmützen Neue Soziale Mitte, Kinderhaus Zipfelmützen, Kinderhaus Gewann Hof, Krippe Rockenauerpfad und Kommunaler Kindergarten zusammen 160 Krippenplätze. Dazu kommen 40 weitere Plätze in der Tagespflege. Die zehn Plätze in den Spielgruppen der Zipfelmützen fließen nicht in die Statistik ein. Mit 200 Plätzen ist Walldorf formal gut aufgestellt: Legt man zwei Jahrgänge zugrunde, wie es rein juristisch gefordert ist, kommt man auf eine Quote von über 66,6 Prozent. Bei drei Jahrgängen sind es immerhin noch mehr als 44,4 Prozent der Kinder, für die ein Platz zur Verfügung steht. Allerdings erhöhe sich die Nachfrage und die Warteliste verändere sich schnell, da der Planungszeitraum im U3-Bereich für die Eltern kürzer sei.
Der Schulbericht geht unter anderem auf die Auswirkungen des Bildungspakets des Landes ein, auf den Wegfall des Werkrealschulabschlusses und dessen Auswirkungen auf die Waldschule sowie auf die Änderung der Schulbezirke zum kommenden Schuljahr mit dem Ziel, dass die Waldschule dreizügig mit kleineren Klassen werden kann und die Schillerschule nicht über die Vierzügigkeit hinausgeht. Thematisiert werden auch die hohen Schülerzahlen an Realschule und Gymnasium und die „große Attraktivität“ beider Einrichtungen über die Walldorfer Grenzen hinaus.
Die Sprecher der Fraktionen dankten dem Personal aller Einrichtungen für die geleistete Arbeit und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Fachbereich 1 der Stadtverwaltung für den umfangreichen Bericht. Katrin Siebold (CDU) sprach einerseits vom „positiven Signal“, dass man ausreichend Betreuungsplätze zur Verfügung stelle, andererseits vom Fachkräftemangel als „größter Herausforderung“. Sie übte Kritik an der Landespolitik für die problembehafteten Tests zur verbindlichen Gymnasialempfehlung und den Wegfall des Werkrealschulabschlusses. Eine „extreme Belastung des vorhandenen Personals“ und „unzureichende Förderung“ von Kindern sah Dr. Andrea Schröder-Ritzrau (SPD) durch den Fachkräftemangel. Deshalb müsse es eine „bedarfsgerechte Vergabe der Plätze und Zeiten“ geben. Sie wünschte sich den klaren Beschluss, am Schulzentrum nicht über die Sechszügigkeit hinauszugehen – dem konnten die anderen Fraktionen folgen.
Paula Glogowski (FDP) sprach ebenfalls den Zwiespalt an: Einerseits sei die Stadt nach den gesetzlichen Vorgaben „gut aufgestellt“, andererseits mache die vom Fachkräftemangel verursachte Belastung für Familien und Personal „nachdenklich“. Deshalb müsse man diesen „noch entschiedener angehen“. Den Mangel an Fachkräften bezeichnete auch Maximilian Himberger (Grüne) als „wahrscheinlich größte Herausforderung“. Im weiteren Ausbau des Mitarbeiterwohnens sah er einen möglichen Faktor, dem entgegenzuwirken. Den Wegfall des Werkrealschulabschlusses begrüße seine Fraktion grundsätzlich mit Blick auf die Bildungslandschaft. „Allerdings trifft er uns vor Ort hart“, so Himberger. „Frühkindliche Bildung darf nicht zur reinen Aufbewahrung verkommen“, sagte Mihriban Gönenç (Zusammen für Walldorf) und nannte als Herausforderungen, die Qualität der Betreuung zu sichern und neue Fachkräfte zu gewinnen. Standards dürften nicht gesenkt werden.