30.07.2025, Startseite
Mehr als nur ein Pflegeheim

So sieht das neue Pflegeheim in der Entwurfsplanung aus, das die Stadt im dritten Abschnitt des Baugebiets Walldorf-Süd errichten wird. Hier der Blick vom Astoria-Kreisel aus auf das Gebäude.
Bild: ABMP Architekten
Gemeinderat fällt Baubeschluss für den Neubau
„Das wird ein sehr freundliches Haus“, sagt Stadtbaumeister Andreas Tisch über das neue Pflegeheim. Zugleich werde es „ein sehr vielfältiges Gebäude“. Denn der Neubau, für den der Gemeinderat jetzt den Baubeschluss gefällt hat, wird nicht nur hundert zusätzliche Pflegeplätze (zu den 58 bestehenden im Astor-Stift) mit einer Demenzgruppe schaffen, sondern auch eine ergänzende Tagespflegegruppe und 18 Wohnungen für betreutes Wohnen. Dazu kommen ein großzügig gestalteter Außenbereich und eine Tiefgarage. „Wir haben die Kosten stabilisieren können, sie sind nicht davon galoppiert“, erklärte der Stadtbaumeister zur aktuellen Entwurfsplanung, die von rund 49,5 Millionen Euro Gesamtkosten ausgeht. Davon entfielen auf die Pflege circa 39 Millionen, der Rest auf die anderen Angebote. Über eine Nachhaltigkeitszertifizierung hofft die Stadt laut Tisch zudem auf einen KfW-Zuschuss in Höhe von 1,7 Millionen Euro. Die Entscheidung für den Neubau fiel bei zwei Gegenstimmen von Wilfried Weisbrod und Moritz Winnes sowie zwei Enthaltungen von Nele Böhm und Maximilian Himberger (alle Bündnis 90/Die Grünen). Umsetzen soll das Bauvorhaben ein Generalunternehmer, da die Komplexität im Bauablauf „ein losübergreifendes Know-how“ erfordere.
Da die Pflegeplätze dringend benötigt werden und um das Verfahren zu beschleunigen, hatte die Stadt das Baurecht zunächst über eine sogenannte Klarstellungs- und Einbeziehungssatzung herstellen wollen. Den Aufstellungsbeschluss hatte der Gemeinderat im März getroffen, die Beteiligung der Öffentlichkeit war bis Ende Juni durchgeführt worden. Leider, so der Stadtbaumeister, hätten sowohl die Baurechtsbehörde des Kreises als auch das Regierungspräsidium „erhebliche Bedenken“ an diesem Verfahren angemeldet. Deshalb wolle man nun auf das „Regelverfahren“ mit der Aufstellung eines Bebauungsplans samt Umweltbericht umschwenken, um „trotzdem weiter flott“ voranzukommen und so „rechtssichere Grundlagen zu schaffen“, erläuterte Tisch. Die gute Nachricht: Da die Beteiligung der Öffentlichkeit bereits erfolgt ist – wenn auch auf anderer Grundlage –, könne auf eine neuerliche Beteiligung verzichtet werden.
Während der Rest des Gemeinderats damit keine Probleme hatte und der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan auch einstimmig gefällt wurde, kritisierte Wilfried Weisbrod, es hätten bereits im April Bedenken bestanden, die dem Gemeinderat „leider nicht mitgeteilt“ worden seien. Nachdem sich der bisherige Weg „als nicht rechtskonform“ erwiesen habe, fordere seine Fraktion eine „verbindliche Aussage, dass von der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit abgesehen werden kann“. Dazu stellte Stadtbaumeister Tisch klar: „Wir betreiben das Verfahren rechtskonform.“ Möglichkeiten wie den Versuch, das Verfahren über die Klarstellungs- und Einbeziehungssatzung zu beschleunigen, müsse man nutzen, das sei auch mit den übergeordneten Behörden „vorabgestimmt“ gewesen, die Bedenken seien erst in der Entwicklung der Planung entstanden. „Ich denke, wir haben das richtig gemacht“, erklärte der Stadtbaumeister.
Andreas Tisch ging auch darauf ein, dass man nach dem Abschluss des Architektenwettbewerbs Ende des Jahres 2023, der Beauftragung des Planungsteams Mitte 2024, einer kritischen Auseinandersetzung mit der Kostendimension zum Jahresende und einem Beschluss zur Weiterführung der Planungen im Februar 2025 weiter am Entwurf gearbeitet habe. So sei unter anderem entschieden worden, an den betreuten Wohnungen festzuhalten, da diese benötigt werden und in einem separaten Bauvorhaben teurer würden. Einsparungen hätten sich unter anderem durch einen Teilverzicht auf die Unterkellerung und die Entscheidung gegen eine Vollküche ergeben – gekocht wird auch künftig im bestehenden Pflegezentrum Astor-Stift.
Das Pflegeheim entsteht auf einem 7400 Quadratmeter großen Grundstück am Astoria-Kreisel im dritten Bauabschnitt von Walldorf-Süd. Es wird drei Vollgeschosse, ein Staffelgeschoss und eine Teilunterkellerung mit Tiefgarage erhalten. Das Pflegeheim wird sechs Wohngruppen mit jeweils 15 Plätzen umfassen, eine Demenzgruppe mit zehn Plätzen und eine Tagespflege mit 15 Plätzen, dazu kommen unter anderem Räume für Personal und Verwaltung. Die Technik wird nachhaltig geplant, so mit einer Wasser-Wasser-Wärmepumpe mit Erdsondenanschluss, die für Wärme und Kühlung sorgt, und Photovoltaikanlagen, die eine Autarkiequote von 74 Prozent schaffen sollen. „Wichtig ist uns auch der sommerliche Wärmeschutz für die Bewohner“, sagte Andreas Tisch. Teile des Dachs, auf dem die drei Gebäude für betreutes Wohnen entstehen, werden als Dachgarten gestaltet. Und die Außenanlagen enthalten unter anderem den Demenzgarten und einen Bereich für die Tagespflege.
Dr. Gerhard Baldes (CDU) sprach an, es sei richtig gewesen, sich vom einstigen Grundsatzbeschluss auf Passivhausbauweise zu lösen. Nur dadurch habe man die Kosten „ohne Qualitätsverlust“ im Griff behalten. Zwar glaube er nicht, dass der Wärmeschutz ausreichen werde. Aber er sah einen „Kompromiss zwischen dem Wünschenswerten und Machbaren“, den man „erwartungsfroh“ beschließe. Die Bedenken zum Hitzeschutz wollte Dr. Andrea Schröder-Ritzrau (SPD) nicht teilen. „Wir stehen zu diesem großen, aber notwendigen Projekt. Es ist auf Herz und Nieren geprüft“, sagte sie. Die Gesamtkosten seien „ein Wort“, doch das Pflegeheim diene „dem Wohl der Menschen unserer Stadt“. Auch das betreute Wohnen sei der SPD „sehr wichtig“.
„Wir brauchen das Pflegeheim“, sagte Dr. Günter Willinger (FDP), der Bau müsse endlich angegangen werden. Über die Kosten habe man ausführlich diskutiert und sie auch reduziert. Wichtig sei seiner Fraktion die Wohnqualität, sagte Willinger mit Verweis auf einen FDP-Antrag zur Reduzierung der Temperaturen in städtischen Gebäuden. Neubauten müssten aber differenziert betrachtet werden. „Wenn der sommerliche Wärmeschutz gewährleistet wird, trifft das genau unsere Vorstellungen.“ Wilfried Weisbrod sagte, seine Fraktion habe „mit den Kosten erhebliche Probleme“. Zwar sei der Neubau „dringend notwendig“, man halte aber die Kosten für „nicht tragbar“, diese würden die Stadt in Zukunft „belasten“. Deshalb könnten die Grünen dem Baubeschluss nicht zustimmen.
Nach der dennoch erfolgten mehrheitlichen Entscheidung hofft das Stadtbauamt, bis Ende des Jahres die baurechtliche Genehmigung zu erhalten. Dann könnte der Ausführungsbeginn im Sommer oder Herbst 2026 sein.