17.05.2023, Startseite

Nach Bruno kommt der europäische Nerz

Jungbulle Bruno ist der jüngste Neuzugang im Walldorfer Tierpark.
Foto: Stadt Walldorf

Tierpark Walldorf wird Teil eines Projekts zum Artenschutz

„Die Tore des Tierparks stehen wieder für die Besucher offen“, freut sich Philipp Koch. Der Leiter weiß aus den Rückmeldungen: Die wegen Vogelgrippe-Fällen notwendig gewordene Schließung über gut sechs Wochen hat eine Lücke im Freizeitangebot der Stadt hinterlassen. Kaum ist der Tierpark wieder geöffnet, sind die Besucherzahlen auch wieder hoch. „Die Leute freuen sich“, sagt Koch. Gemeinsam mit David Högerich, dem Leiter des städtischen Eigenbetriebs Wohnungswirtschaft, der für den Tierpark verantwortlich ist, kann er einige Neuigkeiten präsentieren, die sich über die unfreiwillige Zwangspause in der beliebten Einrichtung ergeben haben: Dazu zählt Bruno, der Neuzugang bei den Hinterwälder Rindern. Und die Vorbereitungen im ehemaligen Affenhaus, um an einem Artenschutz-Projekt zur Erhaltung des Europäischen Nerzes teilzunehmen.

Die aus dem südlichen Schwarzwald stammenden Hinterwälder Rinder gelten heute als stark gefährdete Art. Das liegt auch daran, dass sie mit einer Schulterhöhe von 1,20 Metern als die kleinste europäische Rinderrasse gelten und deshalb beispielsweise für die Fleischproduktion weniger attraktiv sind. Der Walldorfer Tierpark wollte nun Zuwachs zu seinen drei Kühen bekommen und ist auf einem Hof bei Freiburg fündig geworden. „Experten sagen, ein junger Bulle hat eine höhere Akzeptanz“, erläutert David Högerich. Und dieser Plan geht laut Philipp Koch auch „wunderbar auf“, „alles funktioniert reibungslos“. Der im September 2022 geborene Bruno habe sich sehr gut in die kleine Herde integriert und sei „von den Damen gut empfangen“ worden. Koch spricht von „Sympathie auf beiden Seiten“. Ohnehin seien die Hinterwälder Rinder „sehr umgängliche, sehr schöne Tiere“. In Walldorf geborenen Nachwuchs gibt es übrigens bei den Friesenhühnern – bald sind die Küken auch für die Besucher zu sehen.

Schon länger war der Tierpark außerdem auf der Suche nach einer sinnvollen Nutzung für das ehemalige Affenhaus, das aus Sicht der Verantwortlichen viel zu lange leergestanden hat. Eine solche glaubt man mit dem Projekt des Vereins zur Erhaltung des Europäischen Nerzes (EuroNerz) gefunden zu haben. Die Tiere aus der Familie der Marder zählen zu den bedrohtesten Säugetierarten Europas und sollten nicht mit dem amerikanischen Nerz oder Mink verwechselt werden, der als Flüchtling aus Pelzfarmen mittlerweile auch in Europa heimisch ist. Der Verein EuroNerz hat sich Erhaltung und Auswilderung der fast verschwundenen Art auf die Fahnen geschrieben. „Alle Nerze in Deutschland stammen aus diesem Projekt“, sagt Philipp Koch. Das Vorhaben passe zu den Ansprüchen des Walldorfer Tierparks, weil es sich dem Artenschutz widme und weil es um heimische Tiere gehe. „Wir können tierpädagogisch ansetzen“, indem man Besuchern den Unterschied zwischen europäischem und amerikanischem Nerz erläutert, „und wir können uns für den Artenschutz in Deutschland einsetzen.“

Für das Projekt wird das ehemalige Affenhaus in seiner äußeren Struktur weitgehend belassen, ansonsten für die Bedürfnisse seiner neuen Bewohner umgebaut. „Wir stellen mehr Platz zur Verfügung, als wir müssten“, betont David Högerich. Im Tierpark wird man kein Paar halten, da die Tiere in freier Wildbahn einzelgängerisch sind. Stattdessen erhält man eine trächtige Fähe, die dann in Walldorf ihre Jungen in einer möglichst naturnahen Umgebung zur Welt bringen wird.  Das können zwei bis fünf Jungtiere sein. Rückzugsmöglichkeiten und „viel Platz zum Verstecken“ wurden beispielsweise mit Totholzhaufen geschaffen. Wenn es dann im Herbst daran geht, die Jungtiere auszuwildern, erhält der Tierpark „ein Männchen als Ersatz“. Die Auswilderungsquote des Vereins sei „sehr gut“, sagt Philipp Koch.