16.09.2022, Leben in Walldorf

Wie der Lebens- und Kulturraum Streuobstwiese zu erhalten ist

Im Foyer der Astoria-Halle waren zahlreiche alte Apfelsorten ausgestellt – mit illustren Namen wie „Champagner-Renette“ oder „Rheinischer Winterrambur“.
Foto: Pfeifer

Vortrag von Erwin Holzer gibt interessante Einblicke

Den Begriff „Streuobstwiese“ haben die meisten Menschen wahrscheinlich irgendwann einmal gehört. Was es damit aber konkret auf sich hat, darüber können vielleicht doch nicht mehr so viele Auskunft geben. Gut, dass es Experten wie Erwin Holzer gibt. Holzer ist Vorsitzender des Arbeitskreises Heimat, Natur und Umwelt Bad Schönborn (AHNU) und hielt anlässlich des bevorstehenden Apfeltags (24. September) einen Vortrag in der Astoria-Halle über diesen besonderen Lebensraum.

Bernhard Gröner, Organisator des Apfeltags, hatte zum Vortrag eingeladen und stellte den Referenten vor. Erwin Holzer ist kein Unbekannter in Walldorf. Bereits zweimal hielt er im Vorfeld des Apfeltags Vorträge rund um das Thema Apfel. „Ich will nicht immer denselben Vortrag halten“, machte Holzer deutlich. Deshalb richte er den Fokus immer auf einen anderen Aspekt, der mit Äpfeln zu tun hat. Und da boten sich für ihn dieses Mal die Streuobstwiesen an. Schade war nur, dass die Plätze im Foyer der Astoria-Halle weitestgehend verwaist blieben. So war es einer Hand voll Interessierter vorbehalten, den Ausführungen Holzers zu folgen, der seinen kurzweiligen Vortrag zunächst mit einem kleinen Exkurs in die Grundlagen der Biologie startete.

Er erläuterte, aufgrund welcher Inhaltsstoffe ein Apfel gesund ist und wieso manche Pollenallergiker auch auf Äpfel allergisch reagieren. Das Problem sei nämlich die ähnliche Eiweißstruktur von Pollen und Äpfeln. In Untersuchungen habe sich herausgestellt, dass gerade alte Apfelsorten viele Polyphenole enthielten, welche die allergenen Stoffe im Apfel unschädlich und so für Allergiker bekömmlich machten. Diese alten Sorten finde man aber eher nicht im Supermarkt, sondern vor allem auf den Streuobstwiesen. Holzer stellte einige Beispiele alter Apfelsorten vor, auch jene, die es nur in der Region gibt. Einige davon waren im Foyer ausgestellt und konnten von den Gästen verkostet werden – pur oder als Apfelsaft.

Die Streuobstwiesen, so der Experte weiter, beherbergten zahlreiche Pflanzen und Insekten wie Totenkopfschwärmer und Sandwespe sowie seltene Vogelarten. „Wo die vorkommen, ist die Welt noch in Ordnung“, zeigte sich Holzer vom Wert der Streuobstwiesen als Ökosystem überzeugt. Im Verlauf seines Vortrags ging es ihm darum aufzuzeigen, wie man die Streuobstwiesen für die kommenden Generationen erhalten, also „enkeltauglich“ machen könne. Dazu müsse man zum einen Angebote schaffen, um die Pflege der Streuobstwiesen attraktiv zu gestalten. Dazu zählte Holzer unter anderem die Verfügbarkeit von Brunnen und Häckselplätzen sowie Facharbeiter, die Schnittarbeiten durchführen könnten. Ein großes Defizit beim Thema Streuobstwiesen machte Erwin Holzer bei der digitalen Kommunikation aus. Zwar gebe es schon erste Ansätze über Apps, aber da müsse noch viel mehr gemacht werden, um das Thema fit für die Zukunft und für nachfolgende Generationen attraktiv zu machen. Ein weiterer wichtiger Anreiz sei natürlich Geld. Holzer nannte als Beispiele die bereits existierende Baumschnittprämie und plädierte für die Einführung einer flächendeckenden Pflanzprämie. Der Einsatz jedenfalls lohne sich, zeigte sich Holzer überzeugt: „Wer die Streuobstwiesen pflegt, macht etwas für die Allgemeinheit.“ Für den Erhalt der Streuobstwiesen gab der Experte eine einfache Losung aus: „Wir müssen es wirtschaftlicher und effizienter machen.“