14.05.2025, Kultur & Freizeit

Zukunft der Gasversorgung

Stadtwerke Walldorf nehmen Stellung

Die ersten Meldungen von Gasversorgern, die geplante Stilllegungen von Erdgasverteilnetzen ankündigen, verunsichern die Gaskunden. Die Stadtwerke Walldorf nehmen dazu in Person von Geschäftsführer Matthias Gruber Stellung. „Bei den Stadtwerken Walldorf gibt es derzeit keine konkreten Pläne, im Vorgriff auf den von Baden-Württemberg für 2040 beschlossenen Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung und damit auch aus der Erdgasversorgung die Erdgasnetze außer Betrieb zu nehmen“, teilt der Stadtwerke-Geschäftsführer mit.

Matthias Gruber erläutert, dass es zwar theoretisch auch nach dem Jahr 2040 möglich wäre, die Gasnetze mit CO2-freien Gasen in Form von synthetischem Methan und/oder Wasserstoff weiter zu betreiben. „Zum aktuellen Stand erscheint es aber fraglich, ob diese Gase in diesem Zeithorizont in ausreichender Menge und zu wirtschaftlichen Preisen verfügbar sein werden“, sagt der Geschäftsführer der Stadtwerke Walldorf. Der Import oder die Herstellung dieser Gase können nach seinen Worten von den Stadtwerken nicht beeinflusst werden, so dass die Stadtwerke derzeit auch keine Zusage zum CO2-freien Weiterbetrieb der Gasnetze machen könnten.

Absehbar sei aus Sicht der Stadtwerke, dass sich die Erdgasversorgung in den nächsten Jahren – politisch gewollt – verteuern wird. Neben der Import- und Weltmarktlage für Erdgas seien dafür vor allem zwei Faktoren ausschlaggebend: Zum einen belaste die CO2-Bepreisung nach dem sogenannten Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) den Erdgaspreis im Jahr 2025 mit knapp einem Cent pro Kilowattstunde (netto). Dieser Preis werde 2026 auf bis zu 1,2 Cent pro Kilowattstunde steigen. In den Folgejahren solle sich der CO2-Preis am Markt durch Angebot und Nachfrage bilden. Es gebe Szenarien, in denen sich der Preis vervier- bis versechsfachen könnte. Das hängt nach Darstellung der Stadtwerke davon ab, welche CO2-Zertifikatenachfrage der politisch limitierten Zertifikate-Menge gegenübersteht. Eine erfolgreiche CO2-Minderung oder Konjunktureintrübung würden zu niedrigeren Preisen führen. Eine geringe CO2-Minderung oder eine anziehende Konjunktur würden dagegen höhere Preise nach sich ziehen.

Der zweite wesentliche Faktor ist laut Matthias Gruber, dass die Kosten für den Betrieb des Gasnetzes nahezu unabhängig von der Ausspeisemenge aus dem Netz sind. Die Netzkosten seien über das Netznutzungsentgelt von derzeit circa zwei Cent pro Kilowattstunde (netto) Bestandteil der Gaspreise. Der Stadtwerke-Geschäftsführer nennt dazu folgende Beispiele: „Würde sich durch Energieeinsparungen und den Umstieg auf Wärmepumpen die Netzausspeisung halbieren, würden sich die Netznutzungsentgelte grob geschätzt verdoppeln. Würde der Gasabsatz um 90 Prozent zurückgehen, würden sich die Netznutzungsentgelte grob geschätzt verzehnfachen.“

Vor allem der zweite Faktor könne dazu führen, dass ab einem gewissen Rückgang der Erdgasmenge ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb der Erdgasnetze nicht mehr möglich sein würde, da die verbleibenden Gaskunden nicht mehr die vollen Gasnetzkosten tragen könnten. Genauso wenig könne zum derzeitigen Stand erwartet werden, dass die Kosten für die Erdgasnetze durch Steuermittel subventioniert werden. „Wie schnell es zu diesem Punkt kommt, hängt davon ab, wie schnell der Erdgasabsatz zurückgeht“, sagt Gruber. Das hänge wiederum von Faktoren wie der CO2-Preisentwicklung, der Strompreisentwicklung, der Wärmepumpenförderung sowie den gesetzlichen Vorgaben wie zum Beispiel dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) ab. Da die Stadtwerke Walldorf keinen Einfluss auf diese Faktoren haben, könnten sie momentan auch nicht vorhersagen, zu welchem Zeitpunkt es notwendig werden würde, die Gasnetze außer Betrieb zu nehmen.
 
„Wer sich heute für einen Erdgashausanschluss oder die Erneuerung einer Erdgasheizung entscheidet, muss sich bewusst machen, dass er in den nächsten Jahren mit steigenden Erdgaspreisen konfrontiert werden wird und dass eine Außerbetriebnahme der Gasversorgung vor Ende der technischen Lebensdauer einer neuen Gasheizung möglich ist“, macht der Stadtwerke-Geschäftsführer deutlich. Ob es dann auch wirklich dazu komme, hänge von vielen Faktoren ab, die auf Bundes- und EU-Ebene politisch bestimmt würden. Ob sich eine Gasheizungserneuerung dennoch wirtschaftlich darstellen könnte, hänge neben der Entwicklung der alternativen Energieträgerpreise wie Strom oder Holzpellets wesentlich von der Gebäudesubstanz und -nutzung ab. „Daher kann keine pauschale Empfehlung ausgesprochen werden. In vielen Fällen dürften sich moderne Wärmepumpen auch bei Bestandsimmobilien als zukunftsfähige Lösung erweisen“, sagt Gruber.

Eine Alternative zu Wärmepumpen könne die Nutzung von Fernwärme sein. Die kommunale Wärmeplanung hat in Walldorf bereits Prüfgebiete ausgewiesen, für die die Stadtwerke Machbarkeitsstudien erstellen. Damit wird eruiert, ob der Aufbau einer Wärmeversorgung technisch und wirtschaftlich möglich ist. Ob in diesen Gebieten eine Wärmeversorgung angeboten werden wird, kann laut den Stadtwerken allerdings derzeit noch nicht sicher vorhergesagt werden. Im Umkehrschluss könne aber mit höchster Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass in den nicht zur Prüfung ausgewiesenen Gebieten keine Wärmeversorgung angeboten werde.