28.10.2025, Startseite
Wenn der Wald um Hilfe ruft
Knapp 50 Freiwillige hatten sich im Vorfeld zur Baumpflanzaktion angemeldet.
Foto: Kerstin von Splényi
Mit Baumpflanzaktion die Schwetzinger Hardt für die Klimazukunft fit machen
„Ich habe noch nie einen Baum gepflanzt und finde diese Aktion eine super Idee“, sagt Ulrike Berenbold zu ihrer Motivation, bei herbstlich frischen Temperaturen an einem Samstagvormittag im Wald zu arbeiten. Sie gehört zur ersten Gruppe der Baumpflanzaktion, zu der der Fachdienst Umwelt der Stadt Walldorf und das Forstrevier eingeladen hatte. Selbst über die Gemeindegrenzen hinaus wurde die Einladung zur Pflanzaktion gehört. „In der Natur gibt es keine Grenzen“, sagt Gerd Hirsch aus Rauenberg, der auch in seiner Heimatgemeinde schon immer Bäume gesetzt hat.
Zur Begrüßung gibt Revierförster Achim Freund den Anwesenden einen kurzen Einblick in den Zustand des örtlichen Waldes. „Wir haben hier einen Wald, der stark klimageschädigt ist“, sagt Freund. „Kiefern fehlen heute häufig ganz, das Laubholz, insbesondere die Buchen, weist ganz viele Trockenschäden auf, wenn sie nicht komplett abgestorben sind.“ Das Pflanzen neuer Bäume soll die natürliche Waldverjüngung unterstützen und an gegebener Stelle den Wald auch neu aufbauen.
„Jeder kann etwas tun und dieses wichtige Thema in der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten anzugehen, macht Spaß“, konstatiert Brigitte Brune, die auch im Walldorfer Klimanetzwerk aktiv ist. Sie drückt damit aus, was viele der Helfer zu ihrem Einsatz motiviert. Insgesamt knapp 50 Freiwillige hatten sich im Vorfeld zu diesem Einsatz angemeldet. Bereits am frühen Morgen hatten die beiden Forstwirte Christian Hess und Tobias Ritt die Pflanzflächen im Dannhecker Wald und im Reilinger Eck vorbereitet. Auch Waldpädagogin Sabrina Ehnert lässt es sich nicht nehmen, bei dieser Aktion unterstützend dabei zu sein.
Innerhalb eines hölzernen Hordengatters werden Eichen und Hainbuchen in akkuraten, sortenreinen Reihen in Abständen von zwei Metern und einem Pflanzabstand von 50 Zentimetern gepflanzt. Die fleißigen Helfer scheint diese Art des Waldpflanzens sehr zu überraschen. Freund begründet dies jedoch mit den notwendigen Pflegearbeiten wie dem Ausmähen im Frühjahr. Dafür sei es einfacher, die frisch gesetzten Pflänzchen innerhalb der Reihen vom Wildwuchs des Unkrauts beziehungsweise nicht erwünschter Pflanzen wie der Kermesbeere zu unterscheiden.
Außerhalb des Gatters, das die Neupflanzung vor dem Winterverbiss durch Rehwild schützen soll, gibt es keine Vorgaben bezüglich Reihen oder Abständen. Bewusst soll dicht gepflanzt werden, denn auch beim natürlichen Keimen und Wachsen beginnt die Natur mit einer reichen Standzahl von Pflanzen. Nur der Kräftigste setzt sich am Ende durch und wird zum Baum.
Doch auch hier müssen die kleinen Pflänzchen nicht auf Schutz verzichten. Wer aufmerksam durch den Wald wandert, wird die kleinen, „Waldwunder“ genannten Zaunalternativen an vielen Neupflanzungen sehen. Denn der Winterverbiss ist für die Jungpflanzen am kritischsten, verlieren sie damit doch ihren Gipfeltrieb, der mit der meisten Energie versorgt wird und für das Wachstum eine wichtige Rolle spielt.
„Solche Aktionen, die längerfristige Ziele im Sinn haben, sollte es öfter geben, und super, dass auch Kinder mitmachen dürfen“, sagt Julia Johnsen, während ihr Sohn Felix dazu grinst. Den größten Spaß haben sicherlich die Kinder, die voller Elan zu Hohlspaten und Pflänzchen greifen, noch ehe Förster Freund eine kurze Einweisung in das Wie und Wo gibt.
In Containern stehen für jede Gruppe jeweils 350 vorgezogene Baumpflanzen bereit. Nur mit einer hohen Biodiversität, also verschiedenen Baumarten an einem Standort, lassen sich die zu erwartenden klimatischen Herausforderungen der Zukunft abfedern, gibt Freund zu bedenken. Daraus resultiert auch die große Auswahl an Baumarten, die für die Pflanzung verwendet werden. Im Grunde sei es auch ein Ausprobieren und Vergleichen, was wo wie gut wächst und mit den Veränderungen am besten zurechtkommt.
Erstaunt sind einige der freiwilligen Helfer, dass nicht nur heimische Trauben- und Stieleiche sowie Hainbuche zum Einsatz kommen, sondern auch nordamerikanische Roteiche und mediterrane Arten wie Zerreiche, Flaumeiche und ungarische Eiche. Doch Förster Freund richtet seinen Blick darauf, dass bei einer weiter anhaltenden Klimaerwärmung sich irgendwann die hiesigen Verhältnisse denen im mediterranen Raum annähern. So sei es doch sinnvoll, schon jetzt vorausschauend zu planen.
„Der Skiclub, bei dem ich Mitglied bin, hatte zur Teilnahme aufgerufen und ich finde es eine schöne Aktion“, sagt Judith Anhalt, die mit ihrer ganzen Familie vor Ort mithilft. Ideengeber für diese Baumpflanzaktion ist Fatih Kilinc. Der Walldorfer habe bei einem Türkeiaufenthalt in der Nähe der syrischen Grenze gemeinsam mit Schulklassen Orangenbäume gepflanzt und dabei festgestellt, wie sehr das zu einem gegenseitigen Verstehen beigetragen hat. „Wir sind in Walldorf eine so offene und multikulturelle Gemeinde – das sollte doch auch hier möglich sein.“ Und so gab der Wirtschaftspädagoge den entscheidenden Anstoß dazu.
Die jeweilige Motivation ist so groß, dass die Arbeit viel schneller vorangeht als erwartet. „Viele Hände, schnelles Ende!“ Mit diesem lockeren Spruch zeigt sich Freund hoch erfreut darüber. „Es hat uns großen Spaß gemacht, und wenn wir eine solche Aktion mal wieder anbieten, werden wir eine größere Pflanzfläche vorbereiten“, verspricht er lachend.
Danach sind alle zu einem gemeinsamen Mittagessen im Walldorfer Schützenhaus eingeladen. Hier kommen beide Gruppen zusammen und werden von Bürgermeister Matthias Renschler mit dankenden Worten erwartet. Die einen freuen sich nach getaner Arbeit über den Erfolg, die anderen stärken sich vor ihrem Einsatz im Reilinger Eck. Sicherlich werden die Pflanzflächen für den einen oder anderen im Frühjahr ein lohnendes Wanderziel sein, um zu sehen, wie weit das Wachstum vorangeschritten ist.