15.08.2025, Leben in Walldorf
Der Vollzugsdienst hat alle Hände voll zu tun
Jahresstatistik im Gemeinderat – Zweites Fahrzeug wird angeschafft
Der Gemeindevollzugsdienst hat eine ganze Reihe von Aufgaben. Dazu zählen unter anderem die Überwachung des ruhenden Verkehrs, die Kontrolle von Verkehrsverstößen oder die Bearbeitung von Beschwerden im öffentlichen Raum, aber auch die Präsenz bei größeren Veranstaltungen. Das bringt viele Abend- und Wochenenddienste mit sich, weshalb die Dienstzeiten in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet wurden. Waren bislang sechs Vollzeitkräfte im Gemeindevollzug beschäftigt, ist ihre Zahl durch den neuen Ranger seit 1. August auf sieben angewachsen.
„Der Vollzugsdienst hat auch immer mehr Aufgaben der Polizei übernommen“, sagte Alena Müller, die Leiterin des Fachbereichs Ordnung und Umwelt, als sie in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats die Jahresstatistik für 2024 vorstellte. Das sei vor allem dem Personalmangel bei der Polizei geschuldet. Deshalb seien regelmäßig auch „zeitkritische Einsätze“ zu absolvieren, untermauerte sie den Wunsch auf Anschaffung eines zweiten Fahrzeuges, was vom Gemeinderat letztlich trotz kritischer Stimmen auch einhellig so beschlossen wurde. Der bisherige Pkw sei durch das mobile Blitzen oft ortsgebunden, der Einsatz eines Carsharing-Fahrzeugs „zieht Probleme nach sich“. Mit einer neuen Folierung sollen sich beide Autos „deutlich von der regulären Polizei abheben“. Nach der Rückmeldung aus anderen Kommunen ist durch eine eindeutige Kenntlichmachung als Gemeindevollzugsdienst auch „bei den Bürgern mehr Respekt und eine höhere Akzeptanz erkennbar“.
Alena Müller hatte viele Zahlen mitgebracht, um die vielfältige Arbeit des Vollzugs anschaulich zu schildern. So habe dieser allein im Jahr 2024 mehr als 3300 Verwarnungen im ruhenden Verkehr ausgesprochen und es sei bei 112 Geschwindigkeitsmessungen zu rund 9000 Anzeigen gekommen. Mehr als 100 Spät- und Nachtdienste wurden laut der Fachbereichsleiterin mit dem Schwerpunkt Kriminalprävention durchgeführt – dabei geht es beispielsweise um Vorfälle wie Alkohol- und Betäubungsmittelmissbrauch, Ruhestörungen oder das Verhalten von Posern. Zu den häufigsten Delikten, die vom Vollzugsdienst bearbeitet werden, zählen die illegale Müllentsorgung (mit 85 Fällen im Jahr 2024), Mängelerfassungen bei Beleuchtungskontrollen an Fahrrädern (68) und Verstöße gegen das Durchfahrtsverbot an Waldeinfahrten (64).
Die in dieser Form neue Präsentation der Jahresstatistik sei „äußerst sinnvoll“, sagte Uwe Lindner (CDU), der „eine große Bandbreite der Tätigkeiten“ feststellte. Allerdings leiste sich die Stadt auch ganz im Gegensatz zu den Nachbargemeinden „sechs, demnächst sieben Stellen“ für diese Aufgaben. So sei Walldorf laut Stimmen von außerhalb zur „Radarhauptstadt“ geworden. „Der Gemeindevollzugsdienst darf nicht zur Stadtplage für Bürger und Besucher werden“, sagte Lindner, dem nach eigenen Worten zugetragen worden ist, dass „angeblich Gäste Walldorf meiden“. Dagegen verwahrte sich Bürgermeister Matthias Renschler: „Es ist nicht angemessen, unseren Vollzugsdienst als Stadtplage zu bezeichnen.“ Ganz im Gegenteil: Dieser leiste „eine gute Arbeit“. Lindner erklärte außerdem noch, man halte ein zweites Fahrzeug für „nicht notwendig“, sondern wolle weiter „Präsenz zu Fuß und mit dem Fahrrad“. Auch hier widersprach der Bürgermeister direkt: Die Vielzahl der Aufgaben mache das weitere Fahrzeug notwendig.
Christian Schick (SPD) sagte, er habe noch nicht gehört, „dass Leute eine Gemeinde meiden, weil sie nicht mehr zu schnell fahren dürfen“. Und falls das doch der Fall sei, „haben wir alles richtig gemacht“. Zur Arbeit des Gemeindevollzugdiensts erklärte er: „Wir sind heilfroh, dass es ihn gibt.“ Dieser übernehme gerade in der Prävention viele Aufgaben der Polizei. „Der Vollzugsdienst muss mobil sein“, konnte seine Fraktion auch der Anschaffung eines zweiten Fahrzeugs zustimmen. Schick sprach noch einen weiteren Aspekt an: Das „Phänomen zunehmender Aggressivität und Widerstandshandlungen“ mache betroffen. Der Schutz der Mitarbeiter habe für die SPD Priorität.
Der Gemeindevollzugdienst gelte als sinnvolle und notwendige Ergänzung der Polizei, so Günter Lukey (FDP), er könne schnell auf lokale Probleme reagieren. Seine Fraktion stimme dem Kauf eines zweiten Fahrzeugs zu und danke dem Vollzugsdienst für seine Arbeit. Aus Sicht von Wilfried Weisbrod (Bündnis 90/Die Grünen) übernimmt die Polizei viele Aufgaben nicht mehr und zieht sich zurück. „Die Statistik spricht für den Gemeindevollzugdienst“, er werde gebraucht. Allerdings befürchtete auch er „in Zukunft eine Zwei-Klassen-Gesellschaft“, in der „die Reichen sich das leisten können“, andere Kommunen dagegen nicht. Beim neuen Fahrzeug müsse man „vielleicht noch mal gucken, ob man die Kosten reduzieren kann“. Sein Fraktionskollege Maximilian Himberger fragte noch an, ob auch in diesem Jahr wieder in der Neuen Sozialen Mitte und an der Drehscheibe private Sicherheitsleute eingesetzt würden. „Bisher gibt es nicht die Beschwerden wie letztes Jahr“, sagte dazu Alena Müller. Sollte es aber dazu kommen, wären die Einsätze „über drei Monate hinweg an jedem Wochenende“ aus ihrer Sicht „nicht mit den Bestandskollegen“ zu stemmen.
Beim Fahrzeug, für das 50.000 Euro im Haushalt eingestellt sind und Stand Ende Juli 8000 Euro mehr benötigt werden könnten, einigte man sich darauf, ein für die Zwecke geeignetes, dennoch möglichst günstiges Auto anzuschaffen.