12.11.2025, Startseite
Turteltauben und Blauracken sind in bester Gesellschaft
Die drei weibliche Marderkaninchen sind mit den beiden Zwergkaninchen zusammengezogen.
Foto: Stadt Walldorf
Neue Tierarten und umgestaltete Gehege stärken das Profil des Tierparks
Blauracken, die auch als Mandelkrähen bezeichnet werden, sind mit ihrem türkisfarbenen und azurblauen Gefieder sehr auffallend gefärbte Vögel, deren Gesamtbestand weltweit zwar als ungefährdet gilt, die aber in Mitteleuropa bis auf wenige Restvorkommen ausgestorben sind. Damit sich das wieder ändert, arbeiten jetzt der Tierpark Walldorf und der Heidelberger Zoo in einem Projekt eng zusammen. Hintergrund der Kooperation ist ein europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das die European Association of Zoos and Aquariums (EAZA) Zoo-übergreifend zur Zucht gefährdeter Tierarten mit dem Ziel organisiert, genetisch gesunde und vielfältige Populationen zu erhalten.
„Das ist schon etwas Besonderes, dass wir bei so etwas mitmachen dürfen“, sagt der Walldorfer Tierpfleger Tim Zeller, als er gemeinsam mit seinen Kollegen die beiden männlichen Blauracken in Empfang nimmt und zunächst in die übliche Quarantäne bringt. „Wir haben in Heidelberg zwei junge Weibchen und tauschen im Lauf des Winters, sodass jede Einrichtung zwei Paare hat“, sagt Joshua Förg, der Vogelkurator des Heidelberger Zoos. Die Zusammenarbeit mit dem Walldorfer Tierpark laufe sehr gut, es sei toll, dass man solche Schnittstellen schaffen und nutzen könne. „Das sind wertvolle Projekte“, sagt Bürgermeister Matthias Renschler über die Anstrengungen des Tierparks in Sachen Artenschutz. „Das Team macht eine hervorragende Arbeit.“ Und David Högerich, der Leiter des städtischen Eigenbetriebs Wohnungswirtschaft, der für den Tierpark verantwortlich ist, freut sich über die wertvollen Impulse aus Heidelberg: „Gemeinsam sind wir stark“, sei auch dort die Überzeugung.
Wenn die Walldorfer Blauracken ihr Winterquartier verlassen, werden sie im Tierpark auf weitere Neuankömmlinge treffen. Denn aktuell sind mit der Europäischen Turteltaube (sechs Tiere), dem Wiedehopf (zwei), dem Rothuhn (drei) und den Marderkaninchen (drei) Tiere dazugekommen, die bestens in das Profil des Tierparks passen. Tierparkleiter Philipp Koch sieht mit den jüngsten Veränderungen „große Schritte“ in Richtung eines zielgerichteten Artenschutzes gemacht. Mit dem Europäischen Nerz, dem Steinkauz, den Sundafruchttauben und den Europäischen Sumpfschildkröten wurden seit 2022 bereits vier Artenschutzprojekte erfolgreich im Tierpark etabliert. Ihre Schwerpunkte will die beliebte Einrichtung künftig auf die Bereiche Pädagogik und Bildung sowie Natur-, Rassen- und Artenschutz legen.
Der Bestand der neu aufgenommenen Arten sei in der Vergangenheit stark zurückgegangen, erzählt Tierpfleger Timon Hillger. Im Fall der Europäischen Turteltaube wird der Rückgang der Population in Deutschland unter anderem mit dem Verlust geeigneter Brut- und Nahrungsflächen sowie mit dem Rückgang von Hecken und strukturreichen Waldrändern als Brutplätzen begründet. Im Tierpark sind einige der Tiere in einer umgebauten Voliere untergebracht. Diese ist nach dem Vorbild der Walldorfer Düne gestaltet – also eines Bereichs, in dem der Wald in eine offene Fläche übergeht. Dort fühlen sich die Vögel wohl.
In der ehemaligen Anlage für die Minischweine hat sich ebenfalls einiges getan: Dort sind inzwischen drei Ouessantschafe beheimatet. Die Hütte auf dem Gelände war erst im vergangenen Jahr im Rahmen des Freiwilligentags neu errichtet worden. Sie ziert nun der Schriftzug „Île d’Ouessant“ – ein Verweis auf die ursprüngliche Heimat der Tiere, eine rund 15 Quadratkilometer große französische Atlantikinsel. Die dortige Heidelandschaft wurde im Gehege nachempfunden, damit sich die Tiere besonders wohlfühlen, wie Zootierpfleger Enrico Jenßen erläutert. Die Schafe waren bis vor Kurzem noch auf der sogenannten Streichelwiese gemeinsam mit den Zwergziegen untergebracht. Nun haben sie ihr eigenes Gehege und laut Philipp Koch sollen noch bis zu drei weitere Tiere dazukommen. Die Besucherinnen und Besucher dürfen sich künftig auf engen Kontakt zu den Tieren freuen: Direkt neben dem Gehege wurde ein Bereich mit Sitzbänken eingerichtet, zu dem auch die Schafe Zugang haben. Dort dürfen sie gestreichelt und mit Futter aus dem Automaten gefüttert werden. „Hier können die Besucher auch mal zur Ruhe kommen und sich für die Tiere Zeit nehmen“, so Jenßen. Eine Schleuse soll das Ausbüxen der Schafe verhindern. „Das war ein Gemeinschaftsprojekt, an dem alle mitgeholfen haben“, lobt Koch das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Umgestaltung des Geheges.
Ergänzt wird der „Nachwuchs“ im Tierpark durch drei weibliche Marderkaninchen. Sie wohnen nun mit den beiden Zwergkaninchen zusammen, die sich bereits in der ehemaligen Kombianlage (damals noch mit Meerschweinchen besetzt) befanden. Auch diese Anlage wurde umgestaltet. Den Stil nenne man „hinter Opas Schuppen“, verraten die Verantwortlichen augenzwinkernd. Die Tiere hätten genügend Platz und bei den Besuchern komme die neue Gestaltung sehr gut an.
Umgestaltet wird aktuell noch die Vogelvoliere in der Mitte des Tierparks. In einem Teil davon waren zuvor Friesenhühner untergebracht, die vor Kurzem an eine andere Einrichtung abgegeben wurden. Dort soll nun die „Europavoliere“ entstehen. Unter anderem wird ein engmaschiges Netz eingezogen, eine artgerechte Vegetation angelegt und eine Verschalung der Voliere mit Schwartenbrettern soll den Tieren mehr Ruhe verschaffen. Hier sollen Turteltauben, Rothühner und Blauracken einziehen. Im hinteren Teil der Anlage wurde bereits vor rund einem Jahr eine Voliere umgestaltet, damit dort zwei Steinkäuze – ein Pärchen – im Rahmen eines Artenschutz- und Auswilderungsprojekts leben können. Diese fühlen sich laut den Verantwortlichen im Gehege sehr wohl und man könne sich vielleicht in den kommenden Jahren auch über Nachwuchs freuen.