26.11.2025, Kultur & Freizeit
Wenn Körper und Seele krank sind
Daniela Dröscher (am Tisch rechts) las einige Passage aus ihrem neuen Buch vor und beantwortete die
Fragen von Moderatorin Judith Samp. Foto: Stadt Walldorf
Daniela Dröscher stellt ihr neues Buch in der Stadtbücherei vor
Einen fulminanten Erstling habe Daniela Dröscher hingelegt, stellt Stadtbüchereileiterin Barbara Grabl die Autorin vor, die mit ihrem aktuellen Roman „Junge Frau mit Katze“ zu Gast ist. „Wer ihre Bücher kennt, weiß, dass es viel um den Körper geht“, so Grabl, die dem Publikum gute Unterhaltung wünscht. Moderiert wird die Lesung von Judith Samp.
Dröscher liest zum Einstieg eine Passage aus ihrem Buch vor, das die Geschichte ihres Romans „Lügen über meine Mutter“ fortschreibt. Der Körper ist auch hier zentrales Motiv, besonders für Protagonistin Ela, die Symptomen auf den Grund geht, während Druck und Erwartungshaltung von außen und an sich selbst ihr Übriges tun.
„Mich hat interessiert, was es mit einem Kind macht, wenn die Mutter den Körper permanent problematisiert – was bleibt zurück?“, sagt Dröscher auf die Frage, warum sie die Geschichte von Ela weiterentwickeln wollte. Das Buch habe sie fast ausschließlich im Zug geschrieben. „Die Deutsche Bahn war mein Büro.“ Die beste Zeit zum Schreiben seien für sie „drei Stunden am Vormittag“, beschreibt sie ihre „strenge Routine“ beim Schreibprozess.
Erst habe sie einen Essayband schreiben wollen, in dem sie der Frage auf den Grund gehen wollte, „was mein Körper über gesellschaftliche Strukturen erzählen kann“. Obwohl der Körper etwas ganz Natürliches sei, gebe es für viele Bereiche keine Sprache – zum Beispiel in Bezug auf Sexualität, aber auch auf Krankheiten. „Es gibt sehr viel Scham“, findet Dröscher. Sie treibe auch um, dass es ein großes Gefälle im Erforschen von Krankheiten in Bezug auf Frauen und Männer gebe, sagt sie und spricht den „Gender Pain Gap“ (geschlechtsspezifische Ungleichheit in der Wahrnehmung, Diagnose und Behandlung von Schmerzen) und den „Gender Health Gap“ (Ungleichgewicht in der medizinischen Behandlung von Frauen gegenüber Männern) an. Äußerten beispielsweise Frauen ihre Schmerzen, würden sie weniger ernst genommen als Männer. „Das interessiert mich, deshalb habe ich mich sehr viel damit beschäftigt“, sagt Dröscher. Es gehe in ihrem Roman auch um den Zusammenhang von Körper und Seele.
Dass Judith Samp das Verhalten von Elas Mutter als „fast toxisch“ sieht, will die Autorin nicht unterschreiben. Sie sieht es eher als eine „symbiotische Beziehung, die an manchen Stellen zu eng ist“. Auf die Frage, was sie unter einer guten Mutterschaft verstehe, beruft sich Dröscher auf den englischen Kinderarzt und Psychoanalytiker Donald Winnicott, laut dem eine hinreichend gute Mutter es schaffe, dem Kind ein hinreichendes Gefühl von Sicherheit zu geben, dass es nicht alleine sei – ein Urvertrauen zu schaffen. „Im allerbesten Sinne bin ich das Tor, durch das meine Kinder in die Welt gehen.“
Dass sie den Roman autobiografisch geschrieben habe, habe viel mit Selbstermächtigung zu tun. „Es gibt einem die Freiheit, zu erfinden, wenn die Geschichte das möchte.“ Dröscher geht auch auf die Aspekte von Elas Unileben und der gesellschaftlichen Erwartungshaltung gegenüber Frauen ein. „Elas Verhältnis zu Arbeit hat sie geprägt – eine Frau muss sich kümmern, muss sich aufopfern.“ Das Arbeitsethos spiele daher eine große Rolle, das in Elas Fall in Erschöpfung münde.
Die Katze Sir Wilson nehme als Vertrauter eine wichtige Rolle in Elas Leben ein, erklärt Dröscher und geht auf den Titel des Buches ein, der „viele Ebenen“ widerspiegele. Vorerst sei kein weiteres Buch mit den Figuren geplant. Nächstes Jahr stünden zwei Bücher an, „die nicht in diesem Universum spielen“. Aber, so Dröscher, die Geschichte „ruft danach, eine Trilogie zu sein“.