02.12.2022, Leben in Walldorf

Aufklärung, Enttabuisierung und Normalisierung

Bereitstellung kostenloser Menstruationsartikel wird geprüft

Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung die Verwaltung beauftragt, die Bereitstellung kostenloser Menstruationsartikel in allen Damentoiletten der öffentlichen Gebäude und Bildungseinrichtungen in Walldorf zu prüfen. Einen entsprechenden Antrag hatte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen gestellt. Der Beschluss fiel bei fünf Gegenstimmen der CDU-Fraktion.
„Genauso selbstverständlich wie Klopapier vorhanden ist, sollten Binden und Tampons zur Verfügung stehen“, sagte Nele Böhm für die Grünen. Gerade bei jungen Menschen wecke es oftmals Scham, Nachfragen nach diesen Artikeln stellen zu müssen – an Gymnasium und Realschule stehen die Produkte aktuell in den Sekretariaten zur Verfügung. Kostenlose Menstruationsartikel würden „nicht nur den Alltag erleichtern“, sondern auch „zur Enttabuisierung und Normalisierung der Periode beitragen“. Man könne damit zudem „eine kleine Unterstützung zum psychischen und physischen Wohlbefinden“ schaffen. Was die in der Verwaltungsvorlage angeführte Gefahr von Vandalismus angeht, muss man laut Nele Böhm gerade an den Schulen „auf Aufklärung setzen“. Wer eine Toilette verschmutzen wolle, werde das „auch ohne diese Artikel tun“. Nele Böhm sprach das Problem der sogenannten Periodenarmut an – durch die monatlichen Kosten müssten viele Personen finanzielle Abstriche bei anderen notwendigen Dingen machen. „Da die Menstruation Alltag ist und keine freiwillige Entscheidung, dürfen auch die benötigten Artikel kein Luxusgut darstellen“, sagte sie mit Blick auf ein bereits 2020 in Schottland erlassenes Gesetz und auf Testphasen, die unter anderem in Heidelberg und Speyer laufen.

„Periodenarmut ist ein weltweites Problem“, erklärte Elisabeth Krämer (SPD) und sprach die möglichen gesundheitlichen Folgen für Menschen an, denen keine Hygieneartikel zur Verfügung stehen, oder die Auswirkungen auf die Bildung, wenn während der Periode auf den Schulbesuch verzichtet wird. „Auf ein ganzes Leben gerechnet, kostet die Periode so viel wie ein Kleinwagen“, machte sie die finanziellen Dimensionen für Geringverdiener deutlich. „Das komplette Thema ist nach wie vor sehr schambehaftet“, führte sie einen weiteren Punkt an, den im Anschluss auch Paula Glogowski (FDP) ansprach. Aufklärung, Enttabuisierung und Normalisierung seien notwendig. „Wir halten das an den Schulen für einen sehr guten Schritt“, sagte sie. „Jungen Frauen können dadurch unangenehme Situationen erspart werden.“ Während diese aktuell noch ins Sekretariat gehen müssten, könne die kostenlose Bereitstellung Hemmschwellen „deutlich abbauen“.

Vehement gegen den Antrag sprach sich für die CDU Uwe Lindner aus. Für Schülerinnen sei das Thema an den Schulen bereits gut geregelt. Dass dagegen alle Frauen nichts für ihre Menstruationsartikel bezahlen sollten, sei „nicht in Ordnung“, meinte er und fragte: „Warum soll dafür die Allgemeinheit bezahlen?“ Dann müsse man sich auch Allergikern annehmen oder Männern, „die sich jeden Tag rasieren müssen“. Für Uwe Lindner handelt es sich „schlichtweg um persönliche Ausgaben“, in diesem Bereich werde „auch in Zukunft nichts kostenlos“ sein. „Die Periode ist nicht vergleichbar mit dem Tragen einer Brille“, entgegnete ihm Elisabeth Krämer. Und Nele Böhm bezeichnete Lindners Ausführungen als „herabwertend“. Den beiden anderen Rednerinnen dankte sie „für die tollen Ergänzungen“. Die Verwaltung wird jetzt nach dem mehrheitlichen Beschluss prüfen, wie die Bereitstellung umgesetzt werden kann.