23.01.2023, Startseite

Ein Leben für die Musik

Professor Gerald Kegelmann (3.v.li., mit Ehefrau Irene Müller-Glasewald, 2.v.re.) wurde für seine Verdienste mit der Bürgermedaille in Silber ausgezeichnet. Es gratulierten Dr. Timo Jouko Herrmann, Bürgermeister Matthias Renschler, Erster Beigeordneter Otto Steinmann und Heike Käller, Leiterin des Fachdiensts Kultur und Sport (v.li.).
Foto: Helmut Pfeifer

Stadt Walldorf ehrt Professor Gerald Kegelmann mit der Bürgermedaille in Silber

Am Ende spendeten die rund 80 geladenen Gäste in der Laurentiuskapelle stehend Applaus. Der galt dem Ad hoc Chor, der mit Josef Gabriel Rheinbergers Abendlied sein kleines Programm beendet hatte, vor allem aber der Hauptperson der würdigen Veranstaltung in feierlicher Atmosphäre: Professor Gerald Kegelmann, der von Bürgermeister Matthias Renschler mit der Bürgermedaille in Silber ausgezeichnet wurde. „Ihr Werk in Walldorf ist einfach grandios“, sagte Renschler. Die Ehrung Kegelmanns hatte der Gemeinderat „in Würdigung seines vorbildlichen Engagements und dem Wirken zum Wohle der klassischen Musik in Walldorf“ beschlossen, so der Text der Urkunde.

„Ich habe es genossen“, sagte Gerald Kegelmann nach der Ehrung, obwohl er „nicht so wild nach solchen Dingen“ sei. Kegelmann, der 25 Jahre Musikbeauftragter der Stadt gewesen ist, erklärte: „Mir ist wichtig, gute Musik mit guten Leuten zu machen.“ Wie herausragend ihm das über all die Jahre gelungen ist, wurde in der sehr persönlichen Laudatio des Ersten Beigeordneten Otto Steinmann und dem gleichfalls persönlich gehaltenen Grußwort seines Nachfolgers als Musikbeauftragter, Dr. Timo Jouko Herrmann, mehr als nur deutlich.

„Von Ihrer Strahlkraft hat Walldorf stets profitiert“, würdigte Otto Steinmann das breite Netzwerk des Geehrten, dank dem es gelungen sei, „in einer so kleinen Stadt, wie wir es sind, ein klassisches Musikangebot mit großer Qualität auf hohem Niveau zu machen“. Kegelmann habe mit seinem Engagement „das Konzertleben Walldorfs geprägt“ und für ein Niveau gesorgt, „das bemerkenswert war und ist“. Ihm sei es immer ein wichtiges Anliegen gewesen, die klassische Musik für breite Teile der Bevölkerung zu öffnen und gleichzeitig Konzerte auf einem hohen musikalischen und künstlerischen Niveau anzubieten. „Unsere Konzerte waren mit Künstlerinnen und Künstlern besetzt, die wir nur dank Ihrer weitreichenden Beziehungen haben überhaupt engagieren können“, sagte Steinmann. Er würdigte Kegelmanns „musikalischen Anspruch an sich selbst und an andere“, bescheinigte ihm „Charme und Charisma“ und erwähnte besondere Veranstaltungen wie das Open-Air-Konzert auf dem Schlossplatz im Juni 2001 als Höhepunkt des Stadtjubiläums, die Vorstellung der Astor-Instrumente oder die Waldkonzerte. Daneben sei Kegelmann immer auch „ein hervorragender Erzähler von Anekdoten“ gewesen, sprach Steinmann eine ganz andere Facette des Geehrten an und unterlegte sie mit einem launigen Beispiel.

Aufgewachsen in Schatthausen, hat Gerald Kegelmann 1953 den Kirchenchor Baiertal übernommen, 1954 kam der Männergesangverein Frohsinn Baiertal dazu. Er dirigierte ab 1956 die Kantorei der Evangelischen Kirche Wiesloch, hat Schul- und Kirchenmusik sowie Germanistik studiert, war von 1975 bis 2000 Professor für Chorleitung und Chorerziehung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim und von 1986 bis 1997 deren Rektor. Er gründete den Wieslocher Madrigalchor und 1971 auch den Heidelberger Madrigalchor, den er 33 Jahre leitete. Auf Konzertreisen, als Gastdozent und Dirigent war er international aktiv und gefragt. 1994 übernahm Gerald Kegelmann in Walldorf das Amt des Musikbeauftragten der Stadt. Das sei keine Selbstverständlichkeit gewesen, betonte Otto Steinmann. „Bei Ihrer Vita hätte man sich durchaus eine entsprechende Funktion in einer Großstadt mit einer anderen musikalischen Tradition vorstellen können“, sagte er. 2006 wurde Kegelmann vom Kunstkreis Südliche Bergstraße der Kunstpreis „Minnesänger von Wissenlo“ verliehen, im selben Jahr durch den damaligen Staatssekretär Michael Sieber das Bundesverdienstkreuz.

„Danke sagen“, wollte Dr. Timo Jouko Herrmann, Kegelmanns Nachfolger als städtischer Musikbeauftragter. Der Walldorfer Komponist und Musikwissenschaftler nannte den Geehrten seinen „Ratgeber, Mentor, Diskussionspartner, Freund“, dem er eine entscheidende Weichenstellung zu verdanken habe: den Kontakt zu Kegelmanns Hochschul-Kollegen Prof. Ulrich Leyendecker, der für Herrmann „der richtige Lehrer“ wurde. Kegelmann sei es immer wichtig gewesen, „anderen zu helfen“, ihnen „mit Rat und Tat zur Seite zu stehen“, sagte Herrmann, und das „mit unerschöpflicher Energie“. Mit seinem Einsatz für die Musik habe er „den Menschen viele unvergessliche Momente geschenkt“ und anspruchsvolle Programme „von wahrem Großstadtniveau“ zusammengestellt. „Qualität war immer die höchste Prämisse“, seine Entdeckerlust habe das Publikum auch mit Neuem konfrontiert und er habe die Ohren für die historische Aufführungspraxis geöffnet.

Ein „stets von der Leidenschaft zur Musik geprägtes Leben“ sah Bürgermeister Renschler, ehe er Gerald Kegelmann die Bürgermedaille in Silber und seiner Ehefrau Irene Müller-Glasewald einen Blumengruß überreichte. Natürlich dirigierte der 88-jährige Kegelmann den Ad hoc Chor, der die Feierstunde umrahmte, selbst. Wie der Name sagt, sei dieser Chor „für den Augenblick geschaffen“ und werde höchstens zwei Tage alt. „Die singen heute zum ersten Mal“, sagte Kegelmann. Und mit dem ihm eigenen Humor: „Wir kennen uns seit gestern.“ Die beiden Strophen aus Johannes Brahms‘ Waldesnacht, Felix Mendelssohn Bartholdys „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ und schließlich Rheinbergers Abendlied ließen die bewegten Zuhörer zumindest zweifeln, dass der Chor wirklich nur am Vortag geprobt hatte.