28.06.2023, Kultur & Freizeit

„Eine Bereicherung für den Tag der Architektur“

Am Tag der Architektur besuchten Mitglieder der Architektenkammer Baden-Württemberg das Schulzentrum.
Foto: Stadt Walldorf

Besuchergruppe der Architektenkammer auf Besichtigungstour in Walldorf

„Wie wir unsere Städte, Gemeinden und Quartiere bauen, weiterbauen und verbessern, hat entscheidenden Einfluss auf unsere Zukunft. Die Beziehung zwischen Umwelt, Material, Mensch und Raum muss im Mittelpunkt stehen, damit für alle Lebensbereiche gute und nachhaltige Gebäude geschaffen werden, die auch zukünftigen Generationen als Fundament dienen. Bauen ist nie nur privat, sondern immer auch öffentlich“, heißt es in einer Mitteilung der Bundesarchitektenkammer zum diesjährigen „Tag der Architektur“. Der führte die Gruppe der Architektenkammer Baden-Württemberg Rhein-Neckar-Kreis zum Auftakt ihrer Tour nach Walldorf. Nach dem Besuch des Schulzentrums mit den Neubauten von Mensa und Sporthalle sowie des Kinderhauses Gewann Hof sagte Vorstandsmitglied Carsten Kamuf (St. Leon-Rot): „Das war eine Bereicherung für den Tag der Architektur.“ Er dankte dem Walldorfer Stadtbaumeister Andreas Tisch, der vor Ort die Führungen organisierte und Wissenswertes berichtete, sowie den anwesenden Architekten und Planern Gerhard Wolf, Wolfgang Preuss und René Rissland.

Mit einem Wettbewerb hat die Stadt schon 2015 die Grundlage gelegt, um das Schulzentrum neu aufzustellen, erläuterte Tisch. Am Ende seien neben dem 2020 fertiggestellten Neubau von Mensa und Sporthalle noch weitere Teilprojekte zu bewältigen gewesen: so der Abbruch der alten Halle, die verbindende Überdachung samt dem ertüchtigten Blockheizkraftwerk, die Neugestaltung der Außenanlagen und infrastrukturelle Verbesserungen im Nahwärmenetz. Einer der Vorteile des Siegerentwurfs des Büros Michel und Wolf Architekten (Stuttgart) sei die Platzierung der Sporthalle gewesen: „Wir konnten die alte Halle in Betrieb lassen und parallel bauen.“ Dass die Halle zudem „tiefergelegt“ ist, lässt die Geräteräume und einen Teil der Umkleiden unter der Erde verschwinden. Und es sorgt für einen besonderen Effekt: „Man kommt rein und schaut hinaus in den Wald“, so Tisch. Dafür sei „etwas Aufwand“ notwendig gewesen, so Gerhard Wolf, es biete aber auch viele Vorteile. Neben der dreiteiligen Sporthalle stehen auch Kraft- und Gymnastikraum sowie eine Gymnastikhalle zur Verfügung.

Im neu gestalteten Schulhof galten die Hinweise unter anderem der „Kunst am Bau“ mit den beiden Werken „unterstützt wachsen“ von Regina Kochs und „Simple Touch“ von Felix Oehmann. Dass große Teile des Hofs asphaltiert sind, konnte Garten- und Landschaftsarchitekt Wolfgang Preuss (Weil der Stadt) gut begründen: Im vollen Schulbetrieb mit mehr als 2000 Schülern und Lehrern habe man die Arbeiten immer wieder unterbrechen und neu ansetzen müssen, „das geht mit Asphalt am besten“. Dennoch seien „etwa 40 Prozent dieser 1,3 Hektar großen Fläche versickerungsfähig“. Photovoltaikanlagen auf Mensa und Sporthalle produzieren Strom für deren Eigenbedarf sowie den des Schulgebäudes, das von seiner Statik her nicht für eine solche Anlage geeignet ist, wie der Stadtbaumeister erläuterte. Im Inneren des Mensagebäudes kontrastieren Sichtbeton und Holz. Neben den Räumen für die Schülerbetreuung in den beiden Obergeschossen gibt es in der eigentlichen Mensa 260 Sitzplätze, auf denen in mehreren Schichten gegessen wird. „Es wird vor Ort gekocht“, berichtete Tisch. Im ergänzenden Kiosk-Container auf dem Hof werden auch Pommes angeboten, in der Cafeteria kann man sich auch außerhalb der Essenszeiten aufhalten.

90 Kinder in je drei Krippen- und Kindergartengruppen besuchen aktuell das im Frühjahr 2020 eröffnete Kinderhaus Gewann Hof, erläuterte Martina Thum vom Trägerverein Zipfelmützen der Besuchergruppe. Stadtbaumeister Tisch machte auf den Bezug zum benachbarten Wald durch die reine Holzkonstruktion aufmerksam, auch die Außenanlagen greifen das Thema auf. Architekt René Rissland (raum.land architekten, Nürnberg) gab einige Erläuterungen zum mit zwei getrennten Fluren u-förmig um den Innenhof angeordneten Gebäude im Passivhausstandard, das sich zum Wald hin öffnet. „Wir hatten auch die Aufgabe, uns um die hier vorhandenen Fledermäuse zu kümmern.“ So habe man zusammen mit der Holzbaufirma Fledermauskästen entwickelt und diese in die Fassade integriert. Auch das Kinderhaus hat eine Photovoltaikanlage, mit der Strom für den Eigenbedarf produziert wird, Wärmepumpe und eine Fußbodenheizung sorgen dafür, dass kein Kind kalte Füße bekommt. In der Küche werden die Mahlzeiten – auch für die Waldkindergärten der Zipfelmützen – selbst gekocht.

„Wir hoffen, wir konnten mit unseren Objekten in Walldorf etwas zum Tag der Architektur beitragen“, sagte Andreas Tisch abschließend. Das bestätigten neben Carsten Kamufs Dank auch der Beifall und die zustimmenden Worte der Besucher, die anschließend noch in Mühlhausen ein Wohnhaus und in Hockenheim eine Schulerweiterung unter die Lupe nahmen.