10.07.2022, Leben in Walldorf

Kurt-Klein-Tage in Walldorf

Von links: Christian Winnes, Dr. Andrea Schröder-Ritzrau, Dr. Gerhard Baldes, Vivian Ullman, Fredy Kempf, Jim Klein, Leslie Simon, Manfred Zuber, Dieter Herrmann, Erster Beigeordneter Otto Steinmann, Heike Käller, Fachdienstleiterin Sport und Kultur, und Bürgermeister Matthias Renschler.
Fotos: privat

Gemeinsames erinnern ist uns wichtig

Deswegen haben Vertreterinnen und Vertreter aller vier Stadtratsfraktionen an den unterschiedlichen Veranstaltungen im Rahmen der Kurt-Klein-Tage in Walldorf teilgenommen. Die Geschichte des in Walldorf geborenen Kurt Klein kann auf der Homepage www.kurt-klein.de nachgelesen werden. Gerne hatten auch alle Fraktionen im Vorfeld der finanziellen Unterstützung der Festtage zugestimmt. Wir danken an dieser Stelle allen, die an ganz unterschiedlicher Stelle dazu beigetragen haben, dass diese Tage unvergessen bleiben und die Stadt Walldorf eine warmherzige Gastgeberin war.
Liebe Walldorferinnen und Walldorfer, es hat uns mit großer Freude erfüllt, dass alle drei Kinder von Kurt Klein und Gerda Weissmann-Klein, namentlich Vivian Ullman, Leslie Simon und Jim Klein der städtischen Einladung gefolgt sind und an den Feierlichkeiten am vergangenen Wochenende teilgenommen haben. Viele Familienangehörige haben sie begleitet – was verdeutlicht, wie wichtig den Kindern von Kurt Klein das Erinnern in der Heimatstadt ihres Vaters ist.
Die Traumata der Nazi-Gräueltaten an Familienangehörigen beschäftigen auch nachfolgende Generationen. Mit diesem Wissen machen wir uns bewusst, was für ein großes Geschenk dieser Besuch ist. Annäherung und Erinnern ist der Weg, den wir alle nehmen und dem wir mit großem Respekt begegnen. Kurt Klein war ein großer Sohn Walldorfs und die jetzige Anerkennung ist das, was wir seinen Kindern mit großer Demut vor der Vergangenheit zuteilwerden lassen können. Wir können die Ermordung seiner Eltern durch das Naziregime nicht ungeschehen machen, aber wir können unseren Kindern hier in Walldorf vermitteln, wie wichtig Erinnern ist, um unsere Gesellschaft resilient gegen Ausgrenzung, Hass und Gewalt zu machen.
Es wird ein unvergessliches Wochenende bleiben, zu dem viele beigetragen haben. Der warmherzige Empfang im Rathaus durch Bürgermeister Renschler und die Stadtverwaltung, der mit Eintrag ins Goldene Buch der Stadt abgerundet wurde, machte den Auftakt. Zur Eröffnung der Kurt-Klein-Tage hatte die Realschule in ihre Aula eingeladen. Ein historischer Überblick, ein Gastvortrag von Schülern des Wieslocher Gymnasiums zu den Lagersystemen der Nationalsozialisten, Lesungen aus den Briefen der Eltern und der Einblick in wissenschaftliche Projekte zum Thema Kurt Klein zeigten uns die Spuren der Kleins und damit auch Spuren des jüdischen Lebens in Walldorf auf. Frau Kochenburger hatte sich mit der Geschichts-AG der Schule über Monate auf diesen Tag vorbereitet und wichtige, szenische und musikalische Impulse des Erinnerns gegeben. Leslie Simon, Tochter von Kurt Klein und Gerda Weissmann-Klein, rührte uns alle in ganz besonderem Maße durch ihre Dankesrede.
Am Samstag fand die Festveranstaltung in der evangelischen Kirche statt. Timo Jouko Hermann, Musikbeauftragter der Stadt, hat sein Melodrama, die Vertonung des Gedichts von Kurt Klein – Song of the Earth – mit dem Ensemble Operone aufgeführt. Vivian Ullman und Jim Klein gaben biografische Einblicke in das Leben der Eltern und eine Diskussionsrunde „Juden, Deutsche, Alliierte – Begegnungen im besetzten Deutschland“ nahm uns mit in die Zeit nach Kriegsende.
Am Sonntag wurde die deutsche Synchronisation des Oscarprämierten Dokumentarfilms „One Survivor Remembers - Eine Überlebende erinnert sich“ im Luxor-Filmpalast uraufgeführt. Im Mittelpunkt des 1995 gedrehten Films steht Gerda Weissmann-Klein, die ihre Lebens- und Leidensgeschichte erzählt. Es ist ein ergreifender, wunderbarer Film, der gut für den Geschichtsunterricht in unseren Schulen geeignet ist. Andreas Schulz von der Landeszentrale für politische Bildung gab einen Überblick über die Bedeutung der Erinnerungskultur im schulischen Bereich und stellte insbesondere die Bedeutung dieses Filmes heraus. Da es immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gibt, die über ihre Erlebnisse berichten können, ist es von unschätzbarem Wert, so einen authentischen und ergreifenden Film mit deutscher Synchronisation zur Verfügung zu haben. Der Film ist so intensiv, dass man meint, man sitze Gerda Weissmann-Klein doch direkt gegenüber.
Und die Heimatfreunde Walldorf e.V. haben ihre Ausstellung ‚Jüdisches Leben in Walldorf‘ eröffnet, die Ihnen allen einen Einblick in die damalige Zeit in Walldorf geben kann. Bis Anfang August ist die Ausstellung noch im Astorhaus zu sehen. Gehen Sie dort auf Spurensuche.