15.12.2022, Startseite

Notwendig, mutig, überfällig

Die Grafik zeigt, wie das geplante Pflegeheim im dritten Bauabschnitt Walldorf-Süd direkt am Astoria-Kreisel platziert werden könnte.
Grafik: Stadt Walldorf

Gemeinderat stimmt Raumprogramm fürs neue Pflegeheim zu

Die Planungen für den Neubau eines Pflegeheims kommen mit großen Schritten voran: Nach dem Stiftungsrat der Astor-Stiftung, die die Trägerschaft übernehmen wird, hat auch der Gemeinderat dem vorgestellten Raumprogramm einhellig zugestimmt. Die Einrichtung, die am Astoria-Kreisel im dritten Bauabschnitt Walldorf-Süd entstehen soll, wird mit sechs Gruppen zu je 15 Bewohnern geplant, einer Gruppe für demenziell Erkrankte mit zehn Plätzen, einer Tagesgruppe und zusätzlichen Wohnungen für betreutes Wohnen. Bauherr ist die Stadt. Das Raumprogramm kann nun als Grundlage für einen Architektenwettbewerb dienen.

Der Erste Beigeordnete Otto Steinmann sprach in seiner Stellungnahme von einer notwendigen, aber auch mutigen Entscheidung. Die Entscheidung sei notwendig, so Steinmann, „weil wir das Haus unbedingt brauchen, um den bereits heute bestehenden Bedarf an stationären Pflegebetten zu decken“. Die Kreispflegeplanung gestehe Walldorf für seinen Bedarf knapp 170 Betten zu. Nach der gesetzlich vorgegebenen Reduzierung der Bettenzahl im bestehenden Astor-Stift auf 58 ab dem Jahr 2024, weil dann nur noch Einzelzimmer erlaubt sind, müsse man die Wirtschaftlichkeit verbessern und die fixen Kosten auf mehr Plätze verteilen. Mutig sei die Entscheidung angesichts des Fachkräftemangels gerade im pflegerischen Bereich, der die Astor-Stiftung vor entsprechende Herausforderungen stellen werde.

Es bleibt laut Steinmann zu hoffen, dass die Finanzkraft der Stadt es auch künftig möglich macht, beide Häuser finanziell wie gewohnt zu unterstützen und den „Walldorf-Standard“ anzubieten. Zumal man nicht wisse, wie sich die Baukosten bis zur Realisierung tatsächlich entwickeln. Darüber hinaus sei die Entscheidung aber auch „überfällig“, machte der Erste Beigeordnete unmissverständlich deutlich, dass die Stadt das neue Pflegeheim dringend braucht. Die Idee, zusätzlich Plätze für junge Pflege zu schaffen, ist nach seinen Worten vom Landratsamt negativ beschieden worden.

„Das Projekt hat auch eine städtebauliche Komponente“, sagte Stadtbaumeister Andreas Tisch, werde das Haus doch „Ankerpunkt“ für den dritten Bauabschnitt von Walldorf-Süd. Nach der Landesheimbauverordnung dürfe man „leider nur maximal 100 Plätze“ schaffen, wolle aber dafür sorgen, dass es ein „wohnliches Haus“ werde. „Es soll ein Wohnort für die Menschen sein“, unterstrich der Stadtbaumeister. Das betreute Wohnen im dritten Geschoss trage dazu bei, das Grundstück wirtschaftlicher zu nutzen. Im Pflegeheim sollen alle Wohngruppen an die Einzelzimmer angrenzende Aufenthaltsflächen erhalten, die sich in Küchen-Essbereich sowie Wohnbereich gliedern. Je Wohngruppe wird ein Zimmer rollstuhlgerecht gestaltet, alle anderen sind laut dem Stadtbaumeister barrierefrei. Zusätzlich wird es einen Mehrzwecksaal und wie im bestehenden Pflegezentrum einen Raum der Stille geben, der dort gut angenommen wird. Auch an Räume für die hausärztliche und medizinische Versorgung wird gedacht. „Es muss uns klar sein, dass das Raumprogramm noch die eine oder andere Frage offenlässt. Dafür ist aber noch Zeit“, sagte Otto Steinmann. Kontrovers diskutiert wurde im Vorfeld über die Anzahl der Stellplätze. Aktuell ist vorgesehen, dass – deutlich über den gesetzlichen Vorgaben und vor allem mit Blick aufs Personal – 27 Stellplätze für Pkw und 29 für Fahrräder im Rahmen der Planung nachzuweisen sind.

„Ein Meilenstein für die Stadtentwicklung nimmt Gestalt an“, sagte Dr. Gerhard Baldes (CDU), der den Bedarf an zusätzlichen Pflegeplätzen „unbestritten“ nannte. Der Standort am Astoria-Kreisel sei der beste, betreutes Wohnen im Dachgeschoss mit aufzunehmen, „sinnvoll“, werde dadurch doch der Flächenverbrauch reduziert. „Stellplätze werden unserer Ansicht nach in zu geringer Zahl ausgewiesen“, monierte Baldes. Das neue Pflegeheim sei „zum Greifen nah“, meinte Petra Wahl (SPD). „Diese 100 Plätze sind notwendig“, die zusätzlichen Wohnungen seien „das i-Tüpfelchen“. Ihrer Fraktion bereite nur die Anzahl der Stellplätze Sorgen, erklärte auch sie.

„Zufrieden mit dieser Planung“, sogar „glücklich damit“, zeigte sich Wilfried Weisbrod (Bündnis 90/Die Grünen). Es habe nur zu lange gedauert, bis man so weit gekommen sei. „Wir waren uns im Gemeinderat immer einig, haben aber versäumt, mehr Druck auszuüben“, meinte er. Nachdem der Bedarf schon länger feststehe, sei man nun „froh, dass es angegangen wird“. Weisbrod gab sich „irritiert“ ob der Debatte um die Parkplätze: Stattdessen solle man lieber Platz für Rollatoren schaffen und den Mitarbeitern Angebote wie Jobfahrrad oder Jobticket schmackhaft machen. „Wir kommen dem neuen Pflegeheim einen großen Schritt näher“, freute sich Paula Glogowski (FDP). Es solle ein Ort werden, „an dem sich die Bewohner wohlfühlen und zuhause fühlen“. Mit dem vielfältigen Raumangebot gehe man spezifisch auf die Bedürfnisse der künftigen Bewohner und Pflegekräfte ein. Und das betreute Wohnen sei eine sinnvolle Ergänzung. Sie kann sich ebenso wie Petra Wahl die Verwirklichung der jungen Pflege an einem anderen Standort gut vorstellen.