01.06.2023, Kultur & Freizeit

Mit Petticoat und Tollenfrisur in die goldene Rock’n’Roll Ära

Gute Stimmung bei strahlendem Sonnenschein im AQWA Sauna- und Bäderpark.
Foto: Stadt Walldorf

Pfingstwochenende stand wieder ganz im Zeichen der swingin‘ 50ies und rockin‘ 60ies

Vier Tage lang bevölkerten Damen mit Petticoats und sittsamen Hüten sowie Herren mit Haargelfrisur und Hawaiihemd vor allem die Gegend rund um die Astoria-Halle. Anders als in den Jahren zuvor fanden alle Veranstaltungsteile in dem rockigen Dreieck zwischen Astoria-Halle, AQWA-Bäder und Saunapark und Schulzentrum statt. „Wir wollten die Veranstaltung zentraler gestalten und die zahllosen positiven Rückmeldungen geben uns in diesen Bemühungen recht,“ erklärte Veranstaltungsleiter Andy Widder von Rockin‘ Retro.

Selbst der Wettergott scheint ein echter Rock’n’Roller zu sein, denn pünktlich zu Pfingsten stellte sich auch in diesem Jahr das beste Vorsommerwetter ein. Kein Wunder also, dass sowohl die Pool-Party im und der Flohmarkt vor dem Hotel Leonardo am Samstag ein voller Erfolg waren. Wer echte Raritäten aus den 50er und 60er Jahren ergattern wollte, tat gut daran, zeitig vor Ort zu sein. Von modischen Accessoires für die Dame oder den Herrn über Lampen und Kleinmöbel als Wohnraumdekoration bis hin zu Radios blieben fast keine Wünsche offen. Nach so viel Shoppingerlebnis war der Sprung ins kühle Nass eine willkommene Abwechslung - und auch hier natürlich vorwiegend im passenden Outfit und zur Livemusik des vielseitigen Rock’n’Roll-Trios „The Bricats“ oder dem Vinylsound von DJ Spy.

Noch vor dem offiziellen Beginn des Weekenders hatten am Freitagabend unermüdliche Rockabilly-Fans die Astoria-Halle zur Pre-Party mit Musik der Münchner Jumpin Rockets, der Rock’n’Roll Kamikazes aus Italien sowie der samtigen Stimme des Briten Paul Ansell sozusagen vorgewärmt. Die Temperatur sollte dann auch an den drei darauffolgenden Abenden so bleiben. Bei den ersten Tönen der Livemusik in der großen Halle oder Konservenklängen der DJs beziehungsweise DJanes im kleinen Foyer strömten Zuhörer und Tanzwillige ab den zeitigen Abendstunden bis in die tiefe Nacht herbei. Dabei fand praktisch jede Musikstilrichtung zwischen Blues, Swing und Rockabilly ihre Liebhaber.

Damit es auf der Tanzfläche nicht zu Knoten in den Beinen kam, wurden bei freiem Eintritt Tanzkurse in Swing Step und Gentle Jive angeboten, die wirklich gut besucht waren. Und bei der Suche nach dem richtigen Look half der große 50s Markt mit etwa 30 Ausstellern. Hier wurden Tattoos gestochen, Haare gestylt, Bärte getrimmt, Makeup aufgelegt und natürlich die richtige Garderobe angeboten. Die Qual der Wahl erforderte Entscheidungen zwischen Kleidern und Röcken mit und ohne Petticoat, Hemden und Hosen vie-lerlei Couleur, Schuhen und Taschen und vielen schmückenden Kleinigkeiten.

Die einzigartige Kulisse der Seebühne im AQWA zog sonnenhungrige Wasserratten genauso an wie musikbegeisterte Rockabillys. Ausgestattet mit Sonnenschirm, Picknickdecke und Liegestuhl fanden sich zahlreiche Zuhörer ein. Die wenigen Schattenplätze waren schnell vergeben.

Wenn blitzende Stahlkarossen mit beinahe endlosen Heckflossen und blubberndem V8-Motorengeräusch durch die Straßen Walldorfs cruisen, dann ist Rust’n’Chrome-Zeit. Traditionell am Pfingstmontag treffen sich junge und alte Fans der Oldtimer- und US-Car-Szene, um die zahlreichen Straßenkreuzer und historischen Fahrzeuge zu bestaunen. Sogar das erste Löschfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Walldorf aus dem Jahr 1949 war mit von der Partie. Bei Live-Musik der Utah BlueGrass Band „Picky out the stingers“ ließen es sich ganz Unverzagten nicht nehmen, selbst in der prallen Sonne eine heiße Sohle aufs Pflaster zu legen.

Am Ende des Wochenendes konstatierte ein sichtlich müder und zufriedener Andy Widder: „Es war eine gänsehautniederkniendgeniale Veranstaltung.“ Nach den letzten schwierigen Jahren sei nun ein Lichtschein am Ende des Tunnels zu erkennen. Für alle, die die Veranstaltung verpasst haben oder sie nochmals Revue passieren lassen wollen, der sollte im Programm des SWR die Augen offenhalten. Der Sender war mit einem mehrköpfigen Team vor Ort (Sendetermin stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest).